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Masorti International


"Masorti" und "Conservative Judaism" - in den USA gebräuchlich - stehen grundsätzlich für ein und dieselbe religiöse Strömung im Judentum, die eine Mittelposition einnimmt zwischen Orthodoxie und Reform.
Die inhaltliche Abgrenzung zu Orthodoxie und Reform ist deswegen oft fliessend. Das trägt oftmals zur sprachlichen Verwirrung - besonders in den deutschen Medien - bei, die dann Masorti Gemeinden und -Institutionen in Deutschland als "konservativ", "liberal", "reform" bezeichnen.

Hier ein chronologisch und geographisch sortierter Überblick zur Entstehung und Ausbreitung von Masorti Institutionen weltweit, mit entsprechenden Links.


Deutschland vor 1938

Was heute Masorti heisst, begann 1854 in Deutschland, mit der Gründung des Jüdisch-Theologischen Seminars in Breslau durch Rabbiner Zacharias Frankel. Er war der Vordenker der "historisch-positiven" Schule innerhalb des Judentums. Das war jedoch keine eigene "Strömung" im Deutschen Judentum, sondern wurde als Mainstream wahrgenommen. Die ca. 250 Rabbiner, die bis 1939, der Zerstörung des Jüdisch-Theologischen Seminars, in Breslau ordiniert wurden, amtierten in ganz unterschiedlichen Synagogen, überall in Deutschland und vor allem ab 1933 auch weltweit.

1995, als Frau Rabbiner Bea Wyler, Absolventin des Jewish Theological Seminary in New York, eine Stelle als Rabbiner in der Jüdischen Gemeinde Oldenburg antritt, ist der erste Schritt von Masorti zurück in das Land seiner Herkunft getan.

2002 wurde Masorti e.V. institutionell gegründet. Mehr Informationen finden Sie hier.


USA

In den USA wird aus einem Rabbinerseminar ein eigenes „Movement“. Jetzt entsteht eine eigene inhaltlich und auch institutionell definierte Richtung innerhalb des Judentums. Diese grenzt sich von anderen Richtungen ausdrücklich ab. Gründungsdatum des "Conservative Movement" ist die Gründung des Rabbinerseminars, des Jewish Theological Seminary in New York 1886. In den USA gehören heute ca. 40 % aller Juden, die Mitglieder einer Synagoge sind, einer „Conservative Synagogue" an.


Lateinamerika

In den letzten 40 Jahren hat Masorti den Weg in verschiedene Teile der Welt gefunden. Nach Lateinamerika kam es durch Rabbiner Marshall Meyer, der 1962 dort ein Seminario Rabinico gründete.


Israel

Viele der amerikanischen Einwanderer nach Israel waren „Conservative“, gehörten aber, sofern sie religiös waren, einfach der nächsten Synagoge an. Erst in den 70er Jahren sah man die Notwendigkeit, sich als eigene religiöse Richtung zu institutionalisieren. Zunächst entstanden TALI Kindergärten und Schulen, 1979 wurde die "Tenua Masoratit" gegründet.

Mit TALI-Schulen/Kindergärten und entsprechenden Bildungs- und Fortbildungsangeboten ist Masorti fest in der israelischen Bildungslandschaft etabliert. Mehr zu TALI auf hebräisch hier, auf englisch hier.


Europa

In Europa entstanden zunächst einzelne Gemeinden - in den 60er Jahren in Großbritannien und 1989 in Frankreich.
2006 wurden offiziell die Region Europa von Masorti Olami gegründet. Informationen darüber finden Sie direkt bei Masorti Europe.
Es gibt Masorti Landesverbände ausser in Deutschland in Spanien, Frankreich und Grossbritannien.
Ungarn hat eine einzigartige Kontinuität vorzuweisen. Es ist das einzige europäische Land, in dem die Vorkriegsstrukturen erhalten sind. 1877 mit dem Rabbinerseminar entstanden, ist die „neologe“ Richtung bis heute prägend.
Seit einigen Jahren gibt es in Ungarn die Masorti Gemeinde Dor Hadash.


Die internationale Struktur von Masorti

Die wichtigsten Internationalen Masorti/Conservative Institutionen finden Sie im Folgenden. Wenn Sie Kontakt zu einer der folgenden Institutionen oder einem Programm suchen, sind wir Ihnen gern behilflich.

Internationale Masorti Organisationen

Masorti Olami - The World Council of Conservative/Masorti Synagogues ist die internationale Organisation für Masorti Gemeinden. Das Hauptbüro von Masorti Olami sitzt in Jerusalem, eine kleine Außenstelle gibt es in New York und regionale Büros befinden sich in Lateinamerika (Buenos Aires) und Europa (London). Auf der Webseite von Masorti Olami sind auch alle Masorti Gemeinden weltweit zu finden.



The Rabbinical Assembly - der Berufsverband aller Masorti/Conservative Rabbiner/Rabbinerinnen weltweit: von den ca. 1600 Mitgliedern sind etwa 200 Frauen. Die Rabbinical Assembly ist zentralistisch organisiert: Die Zentrale sitzt in New York und es gibt zur Zeit 23 Regionen, darunter Lateinamerika, Israel, Kanada und Europa. Hauptaufgaben sind kollegialer Austausch und berufliche Fortbildung, Erstellung von Materialien für die rabbinische Arbeit und die Vermittlung zwischen Gemeinden und Rabbinern (Stellenbörse u.a.). Besonders wichtig dabei sind der Verlag, Aviv Press und das Committee on Jewish Law and Standards, das maßgeblich für die Entwicklung von Masorti Halacha ist. Responsen zu vielen aktuellen halachischen Fragen sind auf der Webseite zu finden. Die israelische Region der Rabbinical Assembly hat ein eigenes Halacha Gremium, den Vaad ha-Halacha, dessen Responsen auf hebräisch hier und auf englisch hier zu finden sind.

The Cantors' Assembly ist dementsprechend der Berufsverband der Masorti Kantoren und Kantorinnen, der ebenfalls Materialien und vor allem Noten und Kassetten für Gottesdienst und Unterricht herausgibt.

Mercaz Olami ist die zionistische Organisation von Masorti mit Sitz in Israel.
Mehr Informationen über Mercaz in Deutschland finden Sie hier.

Regionale Masorti Organisationen

United Synagogue of Conservative Judaism ist der Zusammenschluss der Conservative Gemeinden in den USA. Besonders empfehlen wir die Publikationen.

Die United Synagogue hat in Israel ein Bildungszentrum aufgebaut, das Fuchsberg Center. Dessen Aktivitäten und Angebote, z.B. die Conservative Yeshiva, richten sich vor allem an Israelbesucher aus dem Ausland.

Die Masorti Gemeinden in Israel sind in der Tnua Masoratit zusammengeschlossen.

2006 wurde "Masorti Europe" gegründet.
Nationale Masorti Organisationen existieren in Grossbritannien, Frankreich, Spanien und Deutschland.

Masorti Jugendorganisationen

NOAM ist die Organisation von Masorti für Kinder und Teenager (10 bis 18 Jahre), die Aktivitäten wie Sommercamps, Reisen und Schabbatonim anbietet. NOAM-Aktivitäten sind in die jeweilige Gemeindearbeit oder die Arbeit der nationalen Organisationen integriert, z.B. in Israel, Frankreich, Grossbritannien und den USA, wo die Organisation USY heisst.
Seit Ende 2014 finden Noam Aktivitäten in Berlin in Kooperation mit der Synagoge Oranienburger Strasse statt.

MAROM ist die internationale Masorti Organisation für Studierende und Junge Erwachsene (18 bis 35 Jahre). Das internationale Büro ist Teil von Masorti Olami, die einzelnen Länderorganisationen arbeiten unabhängig, kooperieren aber intensiv miteinander.
In Europa gibt es grosse MAROM Organisationen in Grossbritannien und Ungarn.

Sommerfreizeiten, genannt Camp Ramah sind ein wichtiger Aspekt der Jugend- und Studentenarbeit. Gerade für Jugendliche aus kleineren Gemeinden ist dies oft die erste Begegnung mit einer jüdisch geprägten Umgebung und vielen Gleichaltrigen.
Die Machanot in verschiedenen Ländern sind von der gleichen Grundhaltung getragen, in einer observanten Umgebung Möglichkeiten zu schaffen, das eigene Judentum auszuprobieren, vieles zu lernen und gemeinsam mit anderen zu erfahren, dass Jüdischsein normal ist und Spaß macht.
Es gibt Machanot Ramah in den USA, Israel, der Ukraine, Großbritannien und Frankreich.
Masorti Deutschland arbeitet mit verschiedenen Machanot zusammen, vor allem auch im Bereich der Ausbildung von Madrichim. Bei Interesse bitte melden!

Die Rabbinerseminare und Hochschulen

Die akademischen Institutionen von Masorti haben oft als Rabbinerseminare angefangen und bald Studiengänge für Lehrer und Lehrerinnen und Kantoren und Kantorinnen angeboten. Meist haben sie auch große Abteilungen für Erwachsenenbildung und sind so ein wichtiges intellektuelles Zentrum. Häufig finden sich unter dem gleichen Dach auch noch andere Masorti Institutionen.
Im Unterschied zu anderen Bildungsangeboten, die sich offen an alle Interessierte richten, sind die Rabbinerseminare ideologisch gebunden: Wer sich zu einem Rabbinatsstudium an einem der unten genannten Rabbinerseminare entschließt, hat sich damit auch für die Zugehörigkeit zu einer Richtung entschieden. Man trägt diese Richtung inhaltlich und auch im persönlichen Lebensstil mit - und wird nach erfolgreichem Abschluss des Studiums automatisch Mitglied des Berufsverbandes, der Rabbinical Assembly (s.o.).
Im Regelfall ist das Rabbinatsstudium ein fünf Jahre dauerndes Vollzeitstudium, setzt mindestens einen B.A. voraus, häufig wird parallel ein M.A. erworben. Die Ordination (Smicha) wird nach erfolgreichem Studienabschluss direkt vom Rabbinerseminar erteilt.
Teil des Curriculums aller Rabbinerseminare ist mindestens ein Studienjahr in Israel, am Schechter Rabbinical Seminary. Dieses wird somit zum Begegnungsort der Studierenden aus aller Welt.

Das Zacharias Frankel College in Potsdam bildet in Kooperation mit der Universität Potsdam, dem Abraham Geiger Kolleg und unter dem Dach der Ziegler School of Rabbinic Studies in LA seit 2014 Masorti Rabbiner/innen aus

The Jewish Theological Seminary of America (JTS), in New York, gegründet 1886

The Ziegler School of Rabbinic Studies in Los Angeles, zunächst gegründet als Zweig des JTS für die ersten beiden Studienjahre, ist inzwischen eine unabhängige Institution, an der das Studium bis zur Ordination möglich ist.

Das Seminario Rabinico in Buenos Aires, 1961 gegründet - Rabbinatsstudierende aus ganz Lateinamerika beginnen dort ihr Studium. Die letzten beiden Studienjahre verbringen sie am Schechter Rabbinical Seminary in Jerusalem.

The Schechter Rabbinical Seminary in Jerusalem ist die Hochschule für israelische Masorti Rabbiner und Rabbinerinnen, und auch für Studierende aus aller Welt.

Das Rabbinerseminar Budapest wurde 1877 gegründet. Es war ideologisch und personell eng mit dem Breslauer Seminar verbunden. Seine Richtung wurde unter dem Namen "neolog" prägend für den Mainstream des ungarischen Judentums. Mit einer kurzen Unterbrechung bildet dieses Seminar bis heute Rabbiner und Lehrer und Lehrerinnen aus. Lange Zeit war es die einzige Ausbildungsstätte für Rabbiner im ganzen Ostblock.



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